Kolbe

Kolbe
Kọl|be 〈f. 19; RenaissanceHaartolle über der Stirn (bei Männerfrisuren) [→ Kolben]

* * *

I
Kolbe,
 
männliche Haartracht im 16. Jahrhundert, bei der das gleichmäßig herabgekämmte Haar über der Stirn, den Ohren und im Nacken waagerecht geschnitten war. Die Kolbe wurde immer kürzer und bedeckte später kaum noch die Ohren.
 
II
Kọlbe,
 
1) Adolf Wilhelm Hermann, Chemiker, * Elliehausen (heute zu Göttingen) 27. 9. 1818, ✝ Leipzig 25. 11. 1884; Professor in Marburg (1851-65) und Leipzig. Kolbe arbeitete u. a. über die Elektrolyse organischer Verbindungen und entwickelte eine Methode zum Aufbau höherer Kohlenwasserstoffe durch Elektrolyse von Salzen langkettiger Fettsäuren (Kolbe-Synthese); er entwickelte ferner ein Verfahren zur Herstellung von Nitrilen durch Umsetzen von Alkylhalogeniden mit Alkalicyaniden (Kolbe-Nitrilsynthese) sowie ein Verfahren zur Herstellung aromatischer Hydroxycarbonsäuren (Kolbe-Schmitt-Synthese; Salicylsäure).
 
 2) Carl Wilhelm, der Ältere, Zeichner und Radierer, * Berlin 20. 11. 1757, ✝ Dessau 13. 1. 1835; lehrte Sprachen am Philantropinum in Dessau, bevor er 1790 Schüler D. Chodowieckis an der Akademie in Berlin wurde. Ab 1798 war er als Hofkupferstecher in Dessau tätig, 1805-07 in Zürich, wo er die Landschaftsgemälde S. Gessners radierte. Er zeichnete Landschaften mit antiker oder bäuerlicher Staffage, Tierdarstellungen und große Kräuterstudien mit kleinen Figuren.
 
 3) Georg, Bildhauer, * Waldheim 15. 4. 1877, ✝ Berlin 20. 11. 1947; ging nach seiner Ausbildung als Maler 1897 nach Paris, dann nach Rom (1898-1901), wo er sich unter dem Einfluss von L. Tuaillon der Bildhauerei zuwandte. Ab 1904 lebte er meist in Berlin. Kolbe schuf idealistische Aktplastiken, v. a. weibliche, später auch männliche Akte, auch Gruppen und Porträts, meist in Bronzeguss. In den 30er-Jahren zeigte sich in der zunehmenden heroischen Steigerung der Körpergeste seiner Figuren (»Zehnkämpfer«, 1933) eine Krise seiner Idealität, die so vom Nationalsozialismus missbraucht werden konnte. - Das Georg-Kolbe-Museum in Berlin, 1949/50 in seinem Atelierhaus eingerichtet (1996 Erweiterungsbau), betreut seinen Nachlass und zeigt eine Auswahl seiner Plastiken (u. a. »Adagio«, 1923; »Befreiter«, 1945) und Aktzeichnungen.
 
 
Weitere Werke: Tänzerin (1912; Berlin, Nationalgalerie); Beethovendenkmal in Frankfurt am Main (1926-47).
 
Schriften: Briefe und Aufzeichnungen, herausgegeben von M. von Tiesenhausen (1987).
 
 
U. Berger: G. K. - Leben u. Werk (21994).
 
 4) Maksymilian Maria, eigentlich Rajmund Kolbe, polnischer Franziskanerkonventuale, * Zduńska Wola 8. 1. 1894, ✝ KZ Auschwitz 14. 8. 1941; entstammte einer Arbeiterfamilie; trat 1911 in Lemberg in den Franziskanerorden ein; studierte 1912-19 christliche Philosophie und Theologie in Rom und erhielt 1918 die Priesterweihe; gründete 1917 die »Militia Immaculatae«, eine v. a. der Verehrung Marias gewidmete missionarische Vereinigung, für die er seit 1922 auch publizistisch tätig war (Gründung der katholischen Zeitschrift »Rycerz Niepokalanej«, deutsch »Ritter der Unbefleckten Jungfrau«). Seine Spiritualität war geprägt von dem Vorbild Marias, die für ihn als »Magd des Herrn« die Hingabe des Menschen an Gott verkörperte. 1927 gründete er in Teresin (bei Warschau) das Kloster »Niepokalanów«. 1930-36 war er als Missionar in Japan und Indien, anschließend wieder in Polen. 1941 wurde er wegen Hilfeleistung für Flüchtlinge, v. a. Juden und Polen, von der Gestapo verhaftet und ins Konzentrationslager Auschwitz gebracht. Als dort zehn Mitgefangene zum Tode verurteilt wurden, bot er sich an, für einen von ihnen, den Familienvater Franciszek Gajowniczek (✝ 1995 im Alter von 93 Jahren) zu sterben. - In der katholischen Kirche wird Kolbe als Märtyrer verehrt. 1971 wurde er selig, 1982 heilig gesprochen (Tag: 14. 8.).
 
 
Pater M. K., bearb. v. F. X. Lesch u. a. (1982);
 K. Strzelecka: M. M. K. (a. d. Poln., 31983);
 A. Frossard: Die Leidenschaft des Maximilian K. Eine Biogr. (a. d. Frz., 1988).
 
 5) Uwe, Schriftsteller, * Berlin 17. 10. 1957; gehörte zur Künstlerszene des »Prenzlauer Bergs« in Berlin (Ost), von F. Fühmann gefördert, lebt seit 1988 in Hamburg. Seine Lyrik fand von Beginn an eigene Töne, mit denen er Ängste und Hoffnungen seiner Generation artikulierte (»Hineingeboren«, 1980; »Abschiede u. a. Liebesgedichte«, 1981). Die Gedichte nach 1990 spiegeln die Auseinandersetzung Kolbes mit den Widersprüchen deutscher Gegenwart (»Nicht wirklich platonisch«, 1994). Kolbe übersetzte auch aus dem Spanischen.
 
Weitere Werke: Lyrik: Bornholm II (1986); Vaterlandkanal (1990); Die Farben des Wassers (2001).
 
Prosa: Die Situation. Die Geschichte vom Prenzlauer Berg (1994).

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Kọl|be, die; -, -n [ältere Form von ↑Kolben]: (zur Reformationszeit übliche) scheitellose, die halbe Stirn bedeckende, in Ohrenhöhe rund geschnittene Männerfrisur.

Universal-Lexikon. 2012.

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